Webdesign von gestern bis heute

Wie sich die Weblandschaft seit der Entwicklung des World Wide Web verändert hat konnte ich live miterleben, ich bin seit den Anfängen der Webkultur mit dabei und betreibe ca. 40 eigene Webseiten hauptberuflich. Mit diesem Artikel möchte ich chronologisch die Entwicklung des Webdesigns festhalten. Ich erhebe hier keinen Anspruch auf Vollständigkeit und werde die Artikel weiterführen sobald es die Zeit und der technologische Fortschritt verlangt. Im Moment sprechen wir hier von einem Zeitraum der von 1990 bis 2016 führt, als Bonus gibt es noch eine Zukunftsvision wie das Webdesign in den kommenden Jahren aussehen könnte bzw. verändert wird.

Die Anfänge

Webdesign vor der Jahrtausendwende war größtenteils nur etwas für ambitionierte Webmaster und Programmierer. Wer zwischen 1991 und 1994 eine Webseite betreiben wollte musste sich auf reine Textseiten beschränken die mit einem Linien-Webbrowser ausgelesen wurden. Es zählten die Inhalte und Informationen die man online mit der Welt teilen konnte, an Design hat hier noch keiner gedacht.

Um das World Wide Web ordentlich nutzen zu können mussten einheitliche Standards her und so wurde 1994 die W3C, ein Web Konsortium gegründet die uns viel ermöglichte, aber auch viele Entwicklungen verhinderte. Da die Gestaltungsmöglichkeiten sehr eingeschränkt waren ähnelten sich viele Seiten, aber das kümmerte niemanden wirklich. Eigentlich kann man sagen das es sich in dieser Zeit um Webseitenerstellung gehandelt hat, aber keineswegs um wahres Webdesign. An Gestaltungsmöglichkeiten hatte man hier z.B. die Möglichkeit die Hintergrundfarbe zu ändern.

Die Weblandschaft zu dieser Zeit war nicht wirklich visuell aufgebaut, im Gegenteil, es gab viel Text und nur wenig Bilder zu sehen, das lag zum einen an den fehlenden technischen Gestaltungsmöglichkeiten sowie an der Tatsache das man den Datentransfer den Besucher verursacht haben selbst bezahlen musste. Bilder verursachen einen größeren Datenaufwand als Text. Ein weiterer Grund war die Bandbreite, das Internet vor der Jahrtausendwende hatte eine geringe Bandbreite und somit war es unmöglich hochauflösende Fotos oder gar Videos auf Webseiten einzubinden, die Ladezeiten für solche Webseiten waren so hoch das der Besucher mehrere Minuten hätte warten müssen bis er etwas zu sehen bekommen hätte.

Die ersten grafischen Webseiten

Die ersten Schritte in Richtung Webdesign wurden durch die sogenannten Browserkriege von 1996 bis 1999 ermöglicht, diese brachten uns Formatvorlagen, Javaskript, CSS und das dynamische HTML. Im Jahr 2000 erschien der Internet Explorer und war der erste Browser der vollständig HTML 4.01 sowie CSS1 unterstützte. Die Webseiten erhielten langsam einen ästhetischen Anblick, Tabellenstrukturen und das Einbinden von Gifs ermöglichten die Anfänge des Webdesigns. So wurden mit Gif Dateien zum Beispiel die ersten Buttons auf Webseiten gestaltet, die dann mit Hilfe von Tabellen untereinander oder horizontal angeordnet werden konnten. Insbesondere die Tabellenstrukturierung war ein echter Meilenstein, der allerdings im mobilen Zeitalter zum größten Sorgenkind für Webdesigner wurde, dazu später mehr. Im Punkto Design ermöglichte erst die Flash-Programmierung ab 2003 eine größere Bandbreite an Möglichkeiten im Vergleich zu HTML, allerdings hatten Flash-Webseiten den schweren Nachteil von Suchmaschinen nur als reine Grafik erkannt zu werden, die Webseite sah schön aus, aber brachten keine bzw. nur sehr wenige Besucher über die Suchmaschinen. Flash konnte sich einfach nicht durchsetzen, allein wenn man bedenkt das heute der mobile Aspekt einer Webseite von enormer Bedeutung ist hätte Flash spätestens jetzt (2016) vollkommen versagt. Es werden auch heute noch Webseiten in Flash erstellt, allerdings zweifle ich extrem an der Wirksamkeit dieser Internetauftritte da die Webseiten auf vielen Ausgabegeräten wie dem z.B. iPhone und einigen Tablets nicht funktionieren.

Webdesign für Suchmaschinen oder den User?

Mit dem Aufkommen der ersten Suchmaschinen zur Jahrtausendwende mussten sich Webmaster entscheiden ob das Webdesign für den User oder die Suchmaschinen optimiert wird. Ich wusste gleich das ich bei diesem Thema besonders gut aufgehoben sein werde, ich entschied mich für die Suchmaschinen und bereue es bis heute nicht. Das mag sich vielleicht komisch anhören, weil Webseiten ja immer für andere Menschen gemacht werden, aber wer mehr Besucher haben wollte musste zwangsläufig auch berücksichtigen wie eine Suchmaschine die Webseite sieht.

Der Suchmaschinenalgorithmus wurde zu einem wichtigen und einflussreichen Faktor im Punkto Webdesign. Ein kleines Beispiel, während der suchmaschinenorientierte Webdesigner einen H1 Tag für die Überschrift der Webseite nutzte, neigten die designorientierten Webdesigner dazu Grafiken zu verwenden wie Logos oder andere optische Elemente. Beides hat sein Vor und Nachteile, der H1 Tag bringt bis heute einen Bonus im Punkto Suchmaschinenfreundlichkeit, dank CSS kann man seine Größe auch reduzieren, aber es sieht halt nicht so schön aus wie ein Foto oder eine Grafik. Ein weiteres Beispiel waren zum Beispiel Buttons, der Designer bevorzugte Buttons die aus einer Grafik bestanden wie z.B. GIF Dateien, der suchmaschinenorientierte Webdesigner hingegen schwört auf den klassischen Textlink. So trennten sich von 2003 bis 2010 die Lager der Webdesigner in die optisch und in die suchmaschinenorientierten Lager. Erfolgreicher waren definitiv jene die suchmaschinenfreundliche Webseiten gestalteten, die der optikorientierten sahen dafür viel schöner aus.

Das Wort SEO (Search Engine Optimization) wurde immer populärer und das Thema Suchmaschinenoptimierung gewann in den Folgejahren immer mehr an Bedeutung. Gegen 2008 hatten es auch die klassischen Webdesignagenturen begriffen, immer mehr Kunden fragten nach suchmaschinenoptimierten Webseiten und so suchten viele renommierte Webagenturen zu dieser Zeit nach guten SEO´s. Die waren allerdings rar und sind es auch heute noch, wenn wir von richtigen SEO’s reden die über exzellente Skills verfügen. Der rein belesene SEO der nie wie die Jünger der ersten Stunde experimentiert hat, dürfte sich eigentlich nicht mal SEO nennen, und dennoch gibt es heute SEO’s wie Sand am Meer, nur haben die meisten von denen keine Skills, kein Backgroundwissen, keine Programmierkenntnisse und verkaufen leere Versprechungen.

Die guten SEO’s haben alle eigene Webseiten mit denen Geld verdient wird ohne für Kunden tätig werden zu müssen. Da allerdings immer mehr Kunden das Wort Suchmaschinenoptimierung erwähnten gerieten die Designliebhaber in Zugzwang und das suchmaschinenorientierte Webdesign setzte sich durch. Eigentlich auch plausibel oder, wer möchte schon eine Webseite die man nur findet, wenn man zuvor eine Visitenkarte erhält wo die Adresse aufgedruckt wurde. Der optische Aspekt rückte zu dieser Zeit wieder ein wenig in den Hintergrund, einige tolle Webseiten schafften allerdings auch den Spagat mit einer guten Mischung aus Optik und SEO.

Bemerkenswert ist heute dennoch festzuhalten das ich kaum noch Webagenturen kenne die das Wort SEO nicht in Ihren Angeboten erwähnen. Alle wollen den Anschein erwecken das man in diesem Segment auch bewandert ist und der Kunde eine gute Webseite erhält die in den Suchmaschinen gut abschneiden kann. Da allerdings viele Faktoren für den Erfolg einer Webseite zu berücksichtigen sind ist das reine „SEO“ das viele Webagenturen anbieten ein Tropfen auf den heißen Stein. Was die breite Masse an Webdesignern anbietet ist nichts anderes als eine abgespeckte Version dessen was erfolgreiches SEO ausmacht, es nennt sich „onpage“ zu Deutsch auf der Seite. Das bedeutet man optimiert bestenfalls die Keyworddichte, schaut auf die ordentliche Benennung von Grafiken und Bildern mit Schlüsselwörtern, optimiert den Alt-Tag, die Meta-Tags und in seltenen Fällen weitere Elemente des Quellcodes. Eine professionelle Suchmaschinenoptimierung beinhaltet allerdings noch wesentlich mehr Aspekte die sich die meisten Kleinunternehmer gar nicht leisten könnten, weil man dafür permanent aktiv bleiben muss, professionelles SEO ist an eine gewisse Kontinuität gekoppelt und kann nicht als einmaliger Service große Erfolge bringen. Natürlich kann eine Suchmaschinenoptimierung bei Webseiten auf denen alles falsch gemacht wurde für mehr Besucher bzw. bessere Positionen in den Suchmaschinen sorgen, allerdings sollte man nicht erwarten, dass man durch solche Maßnahmen direkt auf Platz 1 bei Google landet, dafür bedarf es meistens mehr als nur eine Onpage-Optimierung.

Responsive Webdesign, Mobile wird zum Rankingfaktor

Der nächste Paukenschlag im Bereich des Webdesigns wurde überwiegend durch die Internetnutzung durch Mobilfunktelefone ausgelöst. Ausschlaggebend war meiner Meinung nach die Einführung des ersten iPhone (2007). Ich beschäftigte mich mit diesem Thema ab 2008 und wir starteten unsere ersten Mobilewebsites. Allerdings stellten wir schnell fest das wir da noch einige Jahre zu früh waren, der Traffic war absolut bedeutungslos und die ersten iPhone Besitzer waren eher an guten Apps interessiert. Zudem entstanden auch aus SEO-Sicht Komplikationen mit „Duplicated Content“, was in den folgenden Jahren irrelevant wurde, weil Google das Potential mobiler Webseiten erkannte und den doppelten Inhalt somit nicht mehr als negatives Rankingkriterium wertete, insofern es sich bei der mobilen Version um eine Subdomain handelte.

Dennoch war mobile für weitere 5 Jahre ziemlich unbedeutend, aber ab 2013 war plötzlich das Wort „Responsive Webdesign“ in Mode, hierbei handelt es sich um ein reagierendes Webdesign das sich je nach Ausgabegerät anpasst um eine optimale Sichtbarkeit der Inhalte auf verschiedene Geräte wie Smartphone, Tablet oder Desktop PC zu erreichen. Der Durchbruch im Responsive Webdesign ist in erster Linie der Weiterentwicklung von HTML4 auf HTML5 (2014) sowie CSS3 und JavaScript zu verdanken. Die Kombination ermöglichte es Webseiten optimal im Punkto SEO zu optimieren und war zudem perfekt geeignet um Webseiten responsive zu gestalten. Die antike Tabellenstruktur von HTML musste aufgebrochen werden um auf kleineren Bildschirmen wie einem Smartphone untereinander gegliedert dargestellt werden zu können. Da allerdings nicht alle Webseiten die gut funktionieren auf HTML5 gebracht werden können, sei es aus Angst seine Top Positionen bei Google zu verlieren oder anderen Beweggründen, bedienen sich viele Webmaster auch einer mobilen Version der Webseite, die beim Aufrufen von einem Smartphone oder Tablet anhand der Bildschirmgröße automatisch oder per Nachfrage geöffnet wird.

Man darf nicht denken das „Mobile Websites“ das gleiche sind wie „Responsive Websites“. Eine mobile Webseite ist eine eigenständige Seite die gestaltet werden kann, eine responsive Webseite bleibt immer gleich und passt sich nur je nach Ausgabemedium an. Lange Zeit haben viele Webdesigner das Thema Mobile unterschätzt und darauf verwiesen das die große Masse nach wie vor mit dem Desktop surft, aber seit dem 21. April 2015 hat sich das Blatt gewendet. Google erklärte „Mobile“ zum offiziellen Rankingfaktor für den Suchmaschinenindex, sprich Webseiten die nicht mobile sind schneiden in der Positionierung seitdem schlechter ab. Webseiten hingegen die mobilefreundlich sind erhalten zudem noch den Hinweis „Für Mobilgeräte geeignet“ in der Google Suche noch bevor der User auf die Webseite klicken kann. Aus unseren Statistiken geht hervor das mittlerweile gut 40 bis 50% Traffic durch Mobilgeräte generiert wird, in einigen Themenbereichen sind sogar 60 bis 70% der Standard geworden. Der Wandel wurde durch die Flut an Mobilfunkgeräten und günstigen Flatrates innerhalb von wenigen Jahren vollzogen. Ich persönlich glaube das der Höhepunkt schon fast erreicht ist, zumindest auf dem jetzigen Stand der Technik.

Ausblick in die Zukunft des Webdesigns

Wie das Webdesign von morgen aussehen könnte dürfte maßgeblich durch weitere technologische Fortschritte mitbestimmt werden. So wie das Smartphone dafür gesorgt hat das sich die Weblandschaft verändern musste werden auch andere Ausgabegeräte frischen Wind in diese Branche bringen. Ich wage mal einen Blick in die Zukunft anhand der technischen Möglichkeiten die wir besitzen und den Trends die sich derzeit zu entwickeln scheinen.

Mögliche Zukunftsoptionen könnten zum Beispiel durch den „alten“ – „neuen“ Trend von VR-Brillen (Virtual Reality Brillen) mitbestimmt werden. Die Technik hierfür war bereits vor einem Jahrzehnt bekannt, allerdings erreichte man mit den Endprodukten keine Masse und so verlief sich das Thema VR-Brillen für lange Zeit bis der Trend 2015 wieder entfacht wurde. Das Thema wird nun konsequent auch von großen Herstellern verfolgt und selbst Google arbeitet an einer eigenen VR-Brille. Wer jetzt denkt das VR-Brillen nur was für Gamer sind liegt da gar nicht so falsch, das Einsatzgebiet könnte sich allerdings auch extrem erweitern und schneller als man denkt haben wir hier ein neues Ausgabemedium zum surfen. Webseiten für VR-Brillen zu machen dürfte sicher eine Herausforderung werden, das Sichtfeld könnte bis zu 360 Grad besitzen, also enorm viel Platz für jede Menge Inhalte die ohne zu scrollen sichtbar wären. Eigentlich wäre das genau das Gegenteil von dem was wir durch die Mobile-Bewegung erlebt haben bei der die Inhalte schmal zusammengestaucht untereinander ausgegeben werden. Ich könnte mir vorstellen das gute responsive Webseiten bereits ausreichen könnten, aber die ideale Webseite für eine VR-Brille dürfte sicher anders aufgebaut sein als wir es bis Dato von responsive Webseiten kennen.

Wesentlich futuristischer und zukunftsorientierter ist allerdings die technische Möglichkeit Webseiten als Hologramm zu erzeugen, hierfür wäre z.B. eine Smartwatch bestens geeignet, das Bild würde sozusagen im Raum entstehen bzw. projiziert. Die Steuerung könnte per Spracherkennung oder Gestenerkennung mit Hilfe diverser Kameras und Sensoren bewerkstelligt werden. Technisch gesehen hätten wir bereits alle Möglichkeiten so eine Idee umzusetzen, aber aufgrund der Kosten dürften wir noch einige Jahre auf solche Möglichkeiten warten. Im Vergleich zur VR-Brille hätte eine solche Technologie meiner Meinung nach erneut das Potenzial einer Massenbewegung durch die die Weblandschaft maßgeblich mitgeprägt wird. Interessant dürften in diesem Fall die Interaktionsmöglichkeiten mit der Webseite sein, Web 3.0 könnte durch diese Technologie zur Realität werden.

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